Ich arbeite derzeit an dem Buchprojekt unter dem genannten Arbeitstitel, den ich Mitte 2023 als Dissertation bei Frieder Otto Wolf am Institut für Philosophie der FU Berlin einreichen will.
Abstract:
Obwohl Hegels Phänomenologie des Geistes einen eurozentrischen, idealistischen Ruf genießt, greifen kritische Autor:innen für konkrete Kulturanalysen überraschend häufig auf Gestalten von Phänomenologie zurück. Darunter Fanon, Butler, Horkheimer/Adorno, Marcuse, Debord, Lacan, Marx: um nur einige derer zu nennen, die für eigenen Überlegungen intensiven Gebrauch von der Phänomenologie machen. Das zeigt, dass diese ein enormes Potenzial für die zeitgenössische kritische Kulturtheorie hat, was nicht zuletzt Fredric Jamesons kulturtheoretische Lektüre der Phänomenologie in seinem Buch The Hegel Variations sehr deutlich gemacht hat.
Es stellt sich jedoch die Frage, wie die Phänomenologie vor dem Hintergrund der genannten Probleme – zu den Kritikpunkten des Eurozentrismus und Idealismus ließen sich weitere hinzufügen – in der Perspektive einer kritischen, auf die Gegenwart gerichtete Kulturtheorie zu lesen werden kann. Jameson, auf dessen Arbeit ich sehr stark aufbaue, will letztlich keine grundlegende Kritik an Hegel formulieren.
Mein Projekt ist daher als materialistisch-dialektische Philosophiekritik angelegt, wie sie von Marx in der “Kritik des Hegelschen Staatsrechts”, aber auch etwa von Horkheimer oder Adorno praktiziert wurde: Eine anerkennende Kritik, die in der Kritik dieser Philosophie über sich hinausweist auf eine Kritik ihres Gegenstands als dessen Darstellung, in diesem Fall also auf eine systematische Kritik der kapitalistischen Kultur.