Vortrag am 6. Mai 2025 19 Uhr im Bildungswerk der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin.
Tübingen, 1789: Enthusiastisch feiert der Student Hegel mit seinen Kommilitonen die Französische Revolution als „Morgenröte der Freiheit“. Sie engagieren sich in einer Polit-Gruppe, um in Deutschland „Freiheit und Gleichheit wie bei den Franzosen einzuführen“.
Berlin, 1920er Jahre: Der Freiheitsrausch war verflogen, die finsterste Reaktion hatte sich über Europa herabgesenkt. Einer von Hegels Studenten war wegen politischer Umtriebe im Gefängnis gelandet. Da die Gefängniszellen zur Spree hinausliegen, steigt Hegel auf ein Boot – erst nach um Mitternacht, um den Augen der Obrigkeit zu entgehen – um nach seinem Studenten zu sehen.
Und doch war Hegel der berühmte Professor für Philosophie, in diesem preußischen Obrigkeitsstaat, den er philosophisch als Verwirklichung der Vernunft und Freiheit begründete.
Der Vortrag wird diesen Widerspruch Hegels zwischen Revolution und Affirmation anhand einiger ausgewählter Stationen entlang von Leben und Werk darlegen. Kurz aber prägnant wird auf drei Texte Hegels eingegangen: sein revolutionäres Manifest von 1795, seine Kritik der Französischen Revolution in der berühmten Phänomenologie des Geistes von 1807, sowie die genannte Philosophie des Staates. Nicht zuletzt wird einiges über den militanten Aktivisten Hegel zu erfahren sein.
Verständlich wird durch diesen Widerspruch auch der Kampf zwischen Links- und Rechtshegelianismus, der nach Hegels Tod ausbrach und in dem Marx und die Revolutionäre von 1848 groß wurden – der Kampf, der sich 1933 zwischen faschistischer Philosophie und Kritischer Theorie wiederholte und uns heute wieder zu beschäftigen beginnt. Verständlich wird dabei auch die radikale Zeitgemäßheit eines Revolutionärs und Kritikers, dessen Projekt der Befreiung weit über seine eigene Zeit in eine auch für uns noch kommende Zukunft hinausgriff.