Zur Krise der Linkspartei

Über eine der Hauptursachen für die aktuelle Krise der Linkspartei wird m. E. überhaupt nicht diskutiert, nämlich die mittlerweile erreichte Apparathaftigkeit und Institutionalisierung der Partei. Dabei ist das Problem eigentlich durch das Schicksal der Grünen mit ihrem „Marsch durch die Institutionen“ wohlbekannt: Dass nämlich durch die Etablierung der Partei eine große Zahl von Stellen entstehen, die eine längerfristige bis dauerhafte Berufsperspektive und ökonomische Sicherung versprechen, und auf die hin Linke ihre Ausbildung, ihre Bedürfnisse, ihr Leben ausrichten. Viele von ihnen werden nicht unbedingt bereit sein, dies aufzugeben, auch wenn sie dies im politischen Leben nicht öffentlich sagen können, weil die Fiktion des „politischen Idealismus“ eben zum Parlamentarismus gehört. Man macht nicht Politik, um Geld zu verdienen, sondern um der Sache willen. Teilweise werden sie es sich auch selbst nicht eingestehen. Sie werden dann keine Politik machen, mit der sie ihre Stelle riskieren.

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Zur Diskussionskultur der Linken

Vor kurzem erschien eine wütende Replik auf einen Text von mir: Sie sprach meinem Text eigenen Sinn und argumentative Kraft ab und diffamierte meine Person. Das Ziel der Replik war es, meine Argumentation für die Debatte zu entqualifizieren und mich aus ihr hinauszudrängen.

Der Text von mir war „Gegen alte und neue linke Erzählungen“, erschienen in der analyse & kritik vom Januar, die Replik war von Alexander Neupert-Doppler, in der Februarausgabe derselben Zeitung.

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“Neue linke Erzählung”?

In letzter Zeit stolpere ich ziemlich oft darüber, dass bestimmte Teile der (radikalen) Linken die bürgerlichen Ideale Freiheit, Gleichheit, Solidarität hochhalten.

Sebastian Friedrich hat ein Buch herausgegeben mit dem Titel “Neue Klassenpolitik”. Er schreibt darin:

“Die Koordinaten linker Politik sind Gleichheit und Freiheit. Gleichheit im ökonomischen Sinne als gleiche Teilhabe aller am Reichtum einer Gesellschaft, Freiheit im Sinne der freien Entfaltung, und beide gedacht als sich wechselseitig bedingend.” (https://www.neues-deutschland.de/…/1104663.linke-gesellscha…)

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Marxistisch? Linksradikal?

Ich bin im Lauf des letzten Jahres dazu gekommen, dass man die Begriffe “marxistisch” und “linksradikal” irgendwie durch andere ersetzen muss (was natürlich auch eine Bedeutungsänderung bedeutet). Denn wenn man sagt “marxistisch”, dann meinen die falschen Leute, dass man etwas zu ihrem Diskurs beiträgt – namentlich der Marxismus-Leninismus, das Hauptwiderspruchsdenken, Kommunismus als Aufgabe einer Partei; während die richtigen Leuten einen in die falsche Ecke stellen – also die des “offiziellen” Marxismus.

Vom “Linksradikalen” muss man sich mein’ ich distanzieren, weil letztlich nur diese fundamentale Negation oder Opposition zur herrschenden Gesellschaft darinsteckt, während es ja eigentlich um die Arbeit und Emanzipation innerhalb der gegenwärtigen wirklichen Beziehungen und ihren Konflikten und Widersprüchen geht. Der Kommunismus ist die “wirkliche Bewegung” (Marx). Hinzukommt, dass das Linksradikale aufgrund der fundamentalen Opposition letztlich in den bürgerlichen Kategorien der Konfrontation der politischen Macht denken muss, und nicht von einer gesellschaftlichen Macht von unten aus.

Durch was die Begriffe ersetzen? “Linksradikal” kann man ersetzen durch “antikapitalistische antiautoritäre Bewegung”. Was natürlich auch eine andere Praxis beinhaltet. “Marxistisch” muss man je nach Kontext ersetzen, z. B. “gemäß Marx”, Kritik der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft oder ähnlich.

Antideutsche und Faschismus

Es kursiert gerade das Zitat des Bahamas-Autors Thomas Maul, dass “die AFD objektiv als EINZIGE Stimme der Restvernunft im Deutschen Bundestag, zuweilen gar als parlamentarischer Arm materialistischer Ideologiekritik” erscheint.

Das ist ein eindeutiger Übergang von ursprünglich linken antikapitalistischen Positionen zu rechten. Aber das ist beileibe nicht der erste Übergang aus dem wertkritisch-antideutschen Milieu zur Rechten. Siehe Broder und Elässer. Frank Böckelmann, früher Subversive Aktion, war nun Erstunterzeichner der “Erklärung 2018”. Rolf-Peter Sieferle, früher Autor über die Revolutionstheorie von Marx, hat “Finis Germaniae” geschrieben.

Was ich sagen will: Wir müssen uns Gedanken machen über ein systematisch faschistisches Potential in einer bestimmten Rezeptionslinie von Marx und der Kritischen Theorie. Das ist nicht nur so ein Hahnenkampf unter Antifas, sondern die positionieren sich wirklich faschistisch. Aber der Punkt ist, dass sie immer noch links und progressiv erscheinen können und dieser Hinsicht attraktiv sind, wobei sie zugleich verrückterweise als die eigentlichen Reaktionären die Linken erscheinen.

Ich erinnere auch an die gut besuchten (rassistischen und sexistischen) Veranstaltungen der Bahamas von Thunder in Paradise in der Frankfurter Uni oder den Versuch, antimuslimischen Rassismus in der jungle world zu kritisieren, was dort mit drei rassistischen Artikeln beantwortet wurde.

Ich weiß aber nicht genau, wie man da agieren soll. In der jungle world steht natürlich nicht nur sowas, und viele aus dem antideutschen Milieu sind redliche Linke und Antifaschistischinnen.