Zur kulturtheoretischen Betrachtung des Faschismus

Ein Zugang zum Faschismus, der das Problem individualpsychologisch zu fassen versucht, muss scheitern. Faschismus kann zwar nicht „objektiv-materiell“, d. h. als ein bestimmtes polit-ökonomisches Verhältnis gefasst werden (ökonomische Krise, Interessen des Monopolkapitals, racket-Kriminelle am Staatsapparat, Diktatur als Unterdrückung von Elendsrevolten usw.), sondern gerade nur durch die psychologische und ideologische Affirmation der Unterdrückung. Insofern ist der Zugriff des Freudomarxismus auf den Faschismus total richtig, also der These von Wilhelm Reich, Erich Fromm & Co., dass der Faschismus eine psychologische Dynamik darstellt.

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Gegen Individualpsychologie, für Kulturtheorie

Es scheint mir in der kritischen Theorie des bürgerlichen Subjekts recht durchweg eine Verkürzung der Betrachtung auf das Subjekt als Individuum zu geben, im Gegensatz zu der eigentlich nötigen Betrachtung des Subjekts innerhalb der bürgerlichen Kultur (als Teil dieser Kultur, als konstituiert durch diese Kultur und als diese Kultur konstituierend).

Mit der kritischen Theorie des bürgerlichen Subjekts meine ich etwa die Sozialpsychologie des Antisemitismus oder die Theorie der ideologischen Unterwerfung/Zustimmung zum Kapitalismus.

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Vermittlung von Theorie und Praxis bei Krahl

Krahls Texte sind unglaublich schwer zu lesen und in einen Zusammenhang zu bringen. Was allerdings den „Kern“ seiner Theorie und das Faszinierende und bis heute absolut Wichtige ausmacht, ist gerade die Vermittlung von Theorie und Praxis, die jeweils in seiner Theorie und Praxis vorliegt und deren Vermittlung er explizit reflektiert, und auch theoretisch und praktisch verfolgt.

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Antiautoritärer Marxismus und Poststrukturalismus

Ich glaube, dass es heute strategisch ganz entscheidend ist, dass die antiautoritär-marxistische Theorie den Poststrukturalismus auf eine kritisch-konstruktive Weise in Form und Inhalt aneignet, also auch das „poststrukturalistische Bedürfnis“ als ein Moment seines eigenen Bedürfnisses erkennt (und nicht in einer dumpfen Abwehrhaltung drauf einschlägt), ebenso auch das Radikale des Poststrukturalismus versteht und mitaufnimmt, und die poststrukturalistische Kritik an „traditioneller Theorie“ als seine eigene Kritik versteht.

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Subjekt und Ideologie außerhalb der imperialistischen Zentren?

Kann eine Theorie von bürgerlich-kapitalistischer Subjektivität und Ideologie für Gesellschaften der Semiperipherie und Peripherie in derselben Weise gelten wie für die Metropolen?

Die Frage hat sich mir jedenfalls gestellt, als ich in Ägypten unterwegs war. Man könnte die Situation dort mit dem Europa des 19. Jahrhunderts vergleichen, vor der „Verbürgerlichung des Proletariats“, als Proletariat und Landbevölkerung zwar Teil des Kapitalismus, aber trotzdem noch nicht vollständig integriert waren.

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Zur Kritik der Theorie des autoritären Charakters

Die folgenden Thesen habe ich für das Tagesseminar “Der autoritäre Charakter und die reaktionären Tendenzen der Gegenwart” am 27.4.2019 in Berlin geschrieben.

Meiner Kritik liegt diese Fragestellung zugrunde: Was sind die Bedingungen, die das subjektive Potential (“Massenbewusstsein”, “Mentalität”) für das Umkippen der Gesellschaft nach Rechts (AfD, rechte Massenbewegung, Rechtsruck auch der politischen Mitte) erklären, und wie geht dieses subjektive Potential aus diesen Bedingungen hervor? Können wir die Erklärung dieses subjektiven Potentials aus den Bedingungen der Gegenwart mithilfe der Theorie des autoritären Charakters (Adorno) vornehmen?

Mit den folgenden Thesen möchte ich sagen, dass mit der Theorie des autoritären Charakters, so wie sie u. a. in Adornos “Studien zum autoritären Charakter” formuliert ist, der gegenwärtige Rechtsruck nicht verstanden werden kann (ebensowenig wie der historische Faschismus). Es bedarf der Entwicklung einer anderen Theorie des reaktionären Bewusstseins, wofür ich am Schluss einige kleine Hinweise gebe.

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